Sachsenweit einmalig: Mit Abwärme der Nickelhütte sollen hunderte Haushalte in Aue versorgt werden

Die Stadtwerke Aue-Bad Schlema arbeiten mit der Nickelhütte an einem Projekt. Für den Bau einer Umformstation und von Leitungen sind eine Million Euro notwendig. Am 1. Januar 2026 soll die Versorgung für Abnehmer auf dem Zeller Berg stehen.

Aue In den Öfen in der Nickelhütte Aue herrschen Temperaturen von bis zu 1300 Grad Celsius. Das ist notwendig, denn bei den pyrometallurgischen Prozessen werden unter anderem Katalysatoren und Schlämme aus der chemischen Industrie geschmolzen, um Metallkonzentrate zu gewinnen. So gewonnenes Kupfer und Nickel werden später für die Herstellung von Chemikalien eingesetzt. Recycelt man eine Tonne Nickel, müssen rund 65 Tonnen weniger Erz abgebaut werden. Ein Nebenprodukt bei den Prozessen: Abwärme. In der Produktion in Aue wird so viel davon erzeugt, dass die Versorgung des eigenen Unternehmens und weiterer Unternehmen in der Stadt damit abgesichert werden kann. Ein Teil der Abwärme wird zudem umgewandelt in Strom.

In einem gemeinsamen Projekt mit den Stadtwerken Aue-Bad Schlema will man nun aber einen neuen Schritt gehen: die Versorgung von Kunden der Stadtwerke im Auer Stadtteil Zeller Berg. Überlegungen dazu habe man gemeinsam schon seit 2021 angestellt, so Stadtwerke-Geschäftsführer René Rücker. „Also vor der Energiekrise.“ Einen Wärmeverbund von Nickelhütte und Stadtwerken habe es schon früher einmal gegeben. Es gab auch schon ein Leitungsnetz, das sei aber in den 1990er und 2000er-Jahren getrennt und zurückgebaut worden. „Das wollen wir wieder aufleben lassen“, so Rücker. Notwendig dafür wird eine Verbindung von der Nickelhütte zum Netz der Stadtwerke, eine 400 Meter lange Leitung muss verlegt werden. Außerdem gebaut werden soll eine Umformstation. Dort soll der von der Nickelhütte gelieferte Dampf in heißes Wasser umgewandelt werden, das die Stadtwerke für die Versorgung der Abnehmer braucht. Die Bauarbeiten dafür sollen 2025 erfolgen, die Nutzung der Abwärme für Haushalte auf dem Zeller Berg soll zum 1. Januar 2026 stehen. Die Investitionskosten werden auf reichlich eine Million Euro geschätzt. Ob es für das Projekt Fördermittel gibt, ist noch unklar. Beide Seiten bemühen sich darum. Ihres Wissens nach ist es das erste Projekt der Art in Sachsen. Die Nickelhütte nutzt die Abwärme aus ihren Produktionsprozessen selbst, mittels Dampfturbinen wird Strom erzeugt, ein Teil der Wärme wird auch in der hydrometallurgischen Aufbereitung gebraucht, also bei der Nasschemie. Noch bleibt genügend übrig, so André Härtel, bei der Nickelhütte Leiter des Geschäftsbereichs Zentrale Dienste.

Die Nickelhütte gewinnt aus pyrometallurgischen Prozessen rund 80 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Ab 2026 sollen im ersten Schritt 6,5 Millionen Kilowattstunden an die Stadtwerke Aue-Bad Schlema geliefert werden. Damit können etwa 650 Haushalte versorgt werden, ausgehend von einer Größe von 80 Quadratmeter und einem Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden. Die Nickelhütte ist an einer gleichmäßigen Abnahme interessiert, was die Stadtwerke garantieren. „Für uns ist das Geschäft mit der Abwärme kein Kerngeschäft, wir haben nicht das Personal, um uns um die administrativen Aufgaben kümmern zu können. Das ist eine originäre Aufgabe für Stadtwerke“, so Härtel. Vorteil für die Stadtwerke: energie- und klimapolitische Zielsetzungen der Bundesregierung werden erfüllt, wonach in jedes neue Wärmenetz mindestens 65 Prozent erneuerbare Wärme eingeleitet werden müssen. Laut Rücker hätte man mit dem Projekt mit der Nickelhütte bereits circa 50 Prozent erreicht. Es sei durchaus ausbaufähig. Bis zur Umformstation, für die die Nickelhütte auf ihrem Gelände einen Standort finden will, baut das Unternehmen eine Dampfleitung. Vorgesehen ist, dass die Stadtwerke ihr vorhandenes System nutzen, das heißt eine Trasse, die bereits in der Clara-Zetkin-Straße liegt. „Anwohnern wollen wir in diesem Zuge anbieten, einen Wärmeanschluss in ihr Haus legen zu lassen“, so René Rücker. Aktuell haben die Stadtwerke zwei Blockheizkraftwerke, eines davon soll stillgelegt werden, wenn die Versorgung durch die Nickelhütte steht. Vorrangig private Haushalte sollen von dem Projekt profitieren. Ziel sei, die Preise langfristig stabil zu halten. (ike)

VON HEIKE MANN, FREIE PRESSE Erschienen am 24.10.2024

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